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5 Der nationale Stabilitätspakt in Deutschland
 Die Bundesregierung hat vor dem Hinter-grund der eingangs skizzierten EG-rechtlichen Anforderungen an den föderativen Staat Deutsch-land mit der Aufnahme einer allgemeinen Rege-lung zur Einhaltung der Maastricht-Bestimmun-gen und des Stabilitäts- und Wachstumspaktes in das Maßstäbegesetz (MaßstG) die Grundlage für eine Änderung des Haushaltsgrundsätzegesetzes (HGrG) gelegt.
 
 Im Zusammenhang mit der Neuregelung des Finanzausgleichs wurde im Solidarpaktfort-führungsgesetz (SFG) vom 20. Dezember 2001 die Änderung des Haushaltsgrundsätzegesetzes beschlossen, nach der ein Verfahren die inner-staatliche Umsetzung der Vereinbarungen von Maastricht und des europäischen Stabilitätspaktes sicherstellen soll.3 Diese Regelung gewährleistet dass in der ausgeprägt föderativ strukturierten Bundesrepublik Deutschland neben dem Bund auch die Länder einschließlich ihrer Gemeinden ihrer Verantwortung zur Einhaltung der europä-ischen Bestimmungen nachkommen.
 
 Zielsetzung und Leitgedanke der neuen Rege-lung ist es, ein EU-taugliches und am Verfahren der Haushaltsüberwachung der Mitgliedstaaten durch die EU orientiertes innerstaatliches Kon-zept zu entwickeln, das gleichzeitig die institu-tionellen Strukturen des deutschen Föderalismus berücksichtigt. Mit der Neufassung des Haus-haltsgrundsätzegesetzes sollen präventive Instru-mente gesetzlich etabliert werden, die die Verletzung der Maastricht-Kriterien schon früh-zeitig verhindern. Insbesondere erfolgt eine Bindung der öffentlichen Haushalte, ohne die Haushaltsautonomie der Gebietskörperschaften auszuhöhlen. Mit dieser Regelung soll die Dis-kussion um die Aufteilung von Defizitobergren-zen oder Sanktionsverpflichtungen nachrangig werden.
 
 Folgende Bestimmung wurde als Artikel 7 in das Solidarpaktfortführungsgesetz aufgenommen:
 
Artikel 7
Änderung des Haushaltsgrundsätzegesetzes
 
 Nach § 51 des Haushaltsgrundsätzegesetzes vom 19. August 1969 (BGBl. I S. 1273), das zuletzt durch Artikel 112 der Verordnung vom 29. Oktober 2001 (BGBl. I S. 2785) geändert worden ist, wird folgender § 51a eingefügt:
 
,,§.51 a
 
Einhaltung der Haushaltsdisziplin im Rahmen der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion
 
(1) Bund und Länder kommen ihrer Verant- wortung zur Einhaltung der Bestimmungen in Artikel 104 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft und des europäischen Stabilitäts- und Wachstums-paktes nach und streben eine Rückführung der Nettoneuverschuldung mit dem Ziel ausgeglichener Haushalte an.
 
(2) Der Finanzplanungsrat gibt unter Berücksichtigung der volks- und finanzwirt-schaftlichen Faktoren Empfehlungen zur Haushaltsdisziplin, insbesondere zu einer gemeinsamen Ausgabenlinie im Sinne des § 4 Absatz 3 des Maßstäbegesetzes. Der Finanzplanungsrat erörtert auf dieser Grund-lage die Vereinbarkeit der Haushaltsent-wicklung, insbesondere der Ausgaben und der Finanzierungssalden von Bund und Ländern einschließlich ihrer Gemeinden und Gemeindeverbände, mit den Bestim-mungen in Artikel 104 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft und des europäischen Stabilitäts- und Wachstumspaktes.
 
(3) Entspricht die Haushaltsdisziplin der Gebietskörperschaften nicht hinreichend den Vorgaben nach den Absätzen 1 und 2, erörtert der Finanzplanungsrat die Gründe und gibt Empfehlungen zur Wiederherstel-lung der Haushaltsdisziplin."
 
Zentrale Bestandteile der neuen Regelung sind demnach:
 
- Bund und Länder streben die Rückführung der Nettoneuverschuldung mit dem Ziel des Haus-haltsausgleichs an.
- Die Koordinierungsfunktion des Finanzpla-nungsrates wird gesetzlich gestärkt und mit Blick auf die EU-rechtlichen Vorgaben konkre-tisiert.
- Der Finanzplanungsrat gibt unter Berücksichti-gung der volks- und finanzwirtschaftlichen Faktoren Empfehlungen zur Haushaltsdisziplin und empfiehlt insbesondere eine gemeinsame Ausgabenlinie im Sinne des § 4 Abs. 3 MaßstG, die die Umsetzung der europäischen Vorgaben sicherstellt.
- Der Finanzplanungsrat erörtert die Vereinbar-keit der Haushaltsentwicklung der Gebietskör-perschaften mit den Bestimmungen des euroh päischen Stabilitäts- und Wachsturnspaktes,
- Darüber hinaus kann der Finanzplanungs-rat gegebenenfalls Empfehlungen zur Wie-derherstellung der Haushaltsdisziplin aus-sprechen.
 
 
 Mit der Stärkung des Finanzplanungsrates wird ein größeres Gewicht auf die bindende Wir-kung von einvernehmlich getroffenen Empfehlun-gen gelegt, die im Rahmen von Kooperationsver-fahren zustande kommen. Hier wurde von der Bundesregierung die bewährte Tradition des kooperativen Föderalismus in Deutschland im europäischen Kontext fortgeführt und gleichzei-tig ein bürokratisches Verfahren zur Verteilung von Defizitobergrenzen vermieden.
 
 Durch die Verankerung des Ziels ausgegliche-ner Haushalte wird das Auftreten übermäßiger Defizite vermieden. Die getroffenen Regelungen wahren dabei die Haushaltsautonomie der Län-der. Die Neuregelung des § 51a HGrG hält sich im Gesetzgebungsrahmen des Artikel 109 Abs. 3 Grundgesetz, wonach der Bund gemeinsam gel-tende Grundsätze auch für eine konjunkturge-rechte Haushaltswirtschaft und für eine mehr-jährige Finanzplanung aufstellen kann. Indem Bund und Länder sich auf die Einhaltung des Arti-kel 104 EGV verpflichten, bleiben sie in dem durch die Verfassung gezogenen Rahmen.
 
 Durch Einfügung des § 51a Abs. 2 HGrG wer-den die Empfehlungen des Finanzplanungsrates für eine gemeinsam anerkannte Ausgabenlinie als Orientierungsmaßstab für die Haushalte von Bund und Ländern (einschließlich Gemeinden) gemäß § 4 Abs. 3 MaßstG festgeschrieben. Die in Abs. 3 vorgesehene Möglichkeit für den Finanzplanungs-rat, ggf. Empfehlungen zur Wiederherstellung der Haushaltsdisziplin auszusprechen, überträgt das im europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakt vereinbarte Verfahren im Falle eines Auftretens übermäßiger Defizite auf den innerstaatlichen Kontext. Auf europäischer Ebene werden gegen-über einem Mitgliedsland nach Auftreten eines übermäßigen Defizits zunächst Empfehlungen zur Wiederherstellung der Haushaltsdisziplin ausge-sprochen. Dieses Verfahren wird in der neuen Regelung des HGrG nachgebildet.
 
 Der nächste Schritt des nationalen Stabilitäts-paktes besteht in der inhaltlichen Operationalisie-rung der Regelungen des § 51 a HGrG.
 
 Zur Sicherstellung der Einhaltung der deut-schen Verpflichtungen aus dem europäischen Stabilitäts- und Wachsturnspakt, insbesondere einen nahezu ausgeglichenen Staatshaushalt im Jahr 2004 zu erreichen,4 haben Bund und Länder auf einer Sondersitzung des Finanzplanungsrates am 21. März 2002 entsprechende Beschlüsse gefasst.5 Die Sondersitzung des Finanzplanungsra-tes am 21. März 2002 lässt sich als wichtiges Ereig-nis der bundesdeutschen Finanzpolitik notieren, denn der Finanzplanungsrat konnte ein konkretes Ergebnis im Zusammenhang mit den Vorgaben des europäischen Stabilitäts- und Wachstumspak-tes erzielen.
 
 Im Einzelnen wurde zwischen Bund und Län-dern vereinbart, dass die Reform des Haushalts-grundsätzegesetzes, die ursprünglich erst für das Jahr 2005 vorgesehen war, auf den Juli 2002 vor-gezogen wird.6
 
 Um im Jahr 2004 einen nahezu ausgegliche-nen Staatshaushalt zu erreichen, hat der Finanz-planungsrat u.a. beschlossen, dass bei der Cestal-tung künftiger Haushalte für die Jahre 2003 und 2004 die Ausgaben des Bundes um durchschnitt-lich 1/2% pro Jahr verringert werden. Länder und Gemeinden werden ihr jährliches Ausgaben-wachstum in den beiden Jahren auf jeweils 1% im Jahresdurchschnitt begrenzen. Dem liegt eine Aufteilung des 2004 zulässigen Defizits von 0.5% des BIP von 45 zu 55 zwischen Bund und Sozial-versicherungen auf der einen und der Gesamtheit der Länder und Gemeinden auf der anderen Seite zugrunde. Diese Aufteilung soll auch für die Jahre 2005 und 2006 gelten, wobei der Bund für sich an dem Plan festhält, im Jahr 2006 einen ausgegli-chenen Haushalt zu erreichen.
 
 Ergänzend wurde in dem Beschluss des Finanz-planungsrates unter anderem vereinbart, dynami-sche Belastungen aus bestehenden und neuen Leistungen zu begrenzen.
 
 Die vom Deutschen Bundestag mit Zustim-mung des Bundesrates verabschiedete Ergänzung des Haushaltsgrundsätzegesetzes stellt einen wichtigen Beitrag zur innerstaatlichen Umset-zung der EU-rechtlichen Anforderungen an die nationale Finanzpolitik und damit auch ein ent-scheidendes vertrauenwerbendes Element für die einheitliche europäische Währung dar. Die geschaffenen gesetzlichen Handlungsmöglichkei-ten haben insbesondere zum Ziel, Vorsorge dafür zu treffen, dass die Defizitgrenzen des Maastricht-Vertrages nicht übersehritten werden können. Mit der Verankerung der Konsolidierungspolitik von Bund und Ländern hin zu ausgeglichenen Haus-halten soll die Haushaltsdisziplin im Sinne von Maastricht auch im föderalen Kontext von Bund und Ländern dauerhaft gesichert werden.
 
 Im Ergebnis entsprechen der neue § 51a HGrG in Artikel 7 Solidarpaktforführungsgesetz (SFG) sowie die aktuellen Beschlüsse des Finanz-planungsrates den EG-rechtlichen Anforderun-gen, Verfahren zu schaffen, die Deutschland in die Lage versetzen, die Anforderungen des Maas-tricht-Vertrages und des Stabilitäts- und Wachs-tumspaktes zu erfüllen. Die nunmehr gesetzlich verankerte Koordinierung der Haushaltspolitik zwischen den verschiedenen staatlichen Ebenen Deutschlands mit dem Ziel der Erfüllung der EG rechtlichen Vorgaben ist damit ein Beispiel dafür, wie die Vielfalt nationaler föderaler Struk-turen und der jeweiligen Politiken in allge-meine, von allen Mitgliedstaaten anerkannte Vorgaben für die nationale Politik eingebettet sein kann.
 
 Mit der Reform des Haushaltsgrundsätzegeset-zes und den darauf aufbauenden Beschlüssen des Finanzplanungsrates ist ein wichtiger Schritt zu
 
Anhang
 
§ 51 des Haushaltsgrundsätzegesetzes
vom 19. August 1969 (BGBl. I S. 1273)
 
 (1) Bei der Bundesregierung wird ein Finanzplanungsrat ge-bildet. Dem Finanzplanungsrat gehören an:
1. die Bundesminister der Finanzen und für Wirtschaft,
2. die für die Finanzen zuständigen Minister der Länder,
3. vier Vertreter der Gemeinden und Gemeindeverbände, die vom Bundesrat auf Vorschlag der kommunalen Spitzenver-bände bestimmt werden.
 Die Deutsche Bundesbank kann an den Beratungen des Finanz-planungsrates teilnehmen.
 
 (2) Der Finanzplanungsrat gibt Empfehlungen für eine Koor-dinierung der Finanzplanungen des Bundes, der Länder und der Gemeinden und Gemeindeverbände. Dabei sollen eine einheit-liche Systematik der Finanzplanungen aufgestellt sowie einheit-liche volks- und finanzwirtschaftliche Annahmen für die Finanz-planungen und Schwerpunkte für eine den gesamtwirtschaft-lichen Erfordernissen entsprechende Erfüllung der öffentlichen Aufgaben ermittelt werden. Die vom Konjunkturrat für die öffentliche Hand zur Erreichung der Ziele des Gesetzes zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft für erforderlich gehaltenen Maßnahmen sollen berücksichtigt werden.
 
 (3) Die voraussiehtlichen Eiunahmen und Ausgaben der in § 52 genannten Einrichtungen sollen in die Beratungen und Empfehlungen einbezogen werden, soweit sie nicht schon in den Finanzplauungen des Bundes, der Länder und der Gemeinden und Gemeindeverbände enthalten sind.
 
 (4) Den Vorsitz im Finanzplanungsrat führt der Bundes-minister der Finanzen.
 
 (5) Der Finanzplanungsrat gibt sich eine Geschäftsordnung.
 
,,§ 51a
 
 Einhaltung der Haushaltsdisziplin im Rahmen der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion
 
 (1) Bund und Länder kommen ihrer Verantwortung zur Einhaltung der Bestimmungen in Artikel 104 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft und des europäischen Stabilitäts- und Wachstumspaktes nach und streben eine Rückführung der Nettoneuverschuldung mit dem Ziel ausgeglichener Haushalte an.
 
 (2) Der Finanzplanungsrat gibt unter Berücksichtigung der volks- und finanzwirtschaftlichen Faktoren Empfeh-lungen zur Haushaltsdisziplin, insbesondere zu einer gemeinsamen Ausgabenlinie im Sinne des § 4 Abs. 3 des Maßstäbegesetzes. Der Finanzplanungsrat erörtert auf dieser Grundlage die Vereinbarkeit der Haushalts-entwicklung, insbesondere der Ausgaben und der Finan-zierungssalden von Bund und Ländern einschließlich ihrer Gemeinden und Gemeindeverbände, mit den Bestim-mungen in Artikel 104 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft und des europäischen Stabilitäts- und Wachstumspaktes.
 
 (3) Entspricht die Haushaltsdisziplin der Gebietskörper-schaften nicht hinreichend den Vorgaben nach den Ab-sätzen 1 und 2, erörtert der Finanzplanungsrat die Gründe und gibt Empfehlungen zur Wiederherstellung der Haus-haltsdisziplin."
 

3 Siehe dazu auch die Entschließungen des Deutschen Bundestages vom 5. Juli 2001 (Bundestagsdrucksache 14/6577) und des Bun-desrates vom 13. Juli 2001 (Bundesratsdrucksache 485/01 Beschluss).
4 Siehe Erklärung des Rates Wirtschaft und Finanzen zur Haushaltslage in Deutschland vom 12. Februar 2002.
5 Vergleiche hierzu den Beschluss des Finanzplanungsrates in seiner 95. Sitzung am 21. März 2002.
6 Der Deutsche Bundestag hat das entsprechende Gesetz rur Änderung des SFC in 2./3. Lesung am 6. Juni 2002 beschlossen (Bundestagsdrucksache Nr. 14/9154). Der Bundesrat hat dem Gesetz am 21. Juni 2002 zugestimmt.







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