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3 Neue Aufgaben des Finanz-planungsrates
 Die Einhaltung der auf europäischer Ebene eingegangenen wirtschafts- und finanzpoliti-schen Verpflichtungen erfordert in Deutschland mit seinem föderativen Staatsaufbau das Zusam-menwirken von Bund, Ländern und Gemeinden. Im Finanzplanungsrat gewinnt die Diskussion aktueller finanzpolitischer Fragen im europä-ischen Kontext deshalb zunehmend an Bedeu-tung. Gegenstand der Erörterungen sind z.B. die "Grundzüge der Wirtschaftspolitik" der EU-Kom-mission, die auch länderspezifische Empfehlun-gen für Deutschland enthalten. Zudem nimmt der Finanzplanungsrat bei der Einhaltung der Haushaltsdisziplin im Rahmen der europäischen Wirtschafts- und Währungsunion eine zentrale Rolle ein.
 
 
 Bereits im Zusammenhang mit der Neurege-lung des bundesstaatlichen Finanzausgleichs wurde am 20. Dezember 2001 eine Änderung des Haushaltsgrundsätzegesetzes beschlossen, die in einem neuen § 51a HGrG ein Verfahren zur inner-staatlichen Umsetzung der von Deutschland im Vertrag von Maastricht und dem Stabilitäts- und Wachstumspakt auf europäischer Ebene einge-gangenen Verpflichtungen regelt. Dieses Verfah-ren sollte ursprünglich mit der Neuregelung des bundesstaatlichen Finanzausgleichs zum 1. Ja-nuar 2005 in Kraft treten. Als Teil des in der 95. Sitzung des Finanzplanungsrates am 21. März 2002 zwischen Bund und Ländern geschlossenen Nationalen Stabilitätspakts wurde es aber bereits zum 1. Juli 2002 in Kraft gesetzt, um möglichst frühzeitig die gesetzlichen Handlungsmöglichkei-ten des Finanzplanungsrates zu erweitern.
 
 Mit der neuen Regelung wurde ein an der Haushaltsüberwachung der Mitgliedstaaten durch die EU orientiertes innerstaatliches Konzept ent-wickelt, das die gemeinsame Verantwortung von Bund, Ländern und Gemeinden zum Ausdruck bringt, die europäischen Bestimmungen zur Haushaltsdisziplin einzuhalten. Unter Berücksich-tigung der institutionellen Strukturen des deut-schen Föderalismus wurden damit präventive Instrumente etabliert, die die Verletzung der Maastricht-Kriterien bereits frühzeitig verhindern sollen.
 
 § 51a Haushaltsgruridsätzegesdtz Einhaltung der Haushaltsdisziplin im Rahmen der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion
 
(1) Bund und Länder kommen ihrer Verantwor-tung zur Einhaltung der Bestimmungen in Arti-kel 104 des Vertrages zur Gründung der Euro-päischen Gemeinschaft und des europäischen Stabilitäts und Wachstumspaktes nach und streben eine Rückführung der Nettoneuver-schuldung mit dem Ziel ausgeglichener Haus-halte an.
 
(2) Der Finanzplanungsrat gibt unter Berück-sichtigung der volks- und finanzwirtschaftli-chen Faktoren Empfehlungen zur Haushalts- disziplin, insbesondere zu einer gemeinsamen Ausgabenlinie im Sinne des §4 Absatz 3 des Maßstäbegesetzes. Der Finanzplanungsrat erörtert dieser Grundlage die Vereinbar-keit der Haushaltsentwicklung, insbesondere der Ausgaben und der Finanzierungssalden von Bund und Ländern einschließlich ihrer Gemeinden und Gemeindeverbände, mit den Bestimmungen in Artikel 104 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschft und des europäischen stabilitäts- und Wachs-tumspaktes.
 
(3) Entspricht die Haushaltsdisziplin der Ge-bietskörperschaften nicht hinreichend den Vor-gaben nach den Absätzen 1 und 2, erörtert der Finanzplanungsrat die Gründe und gibt Emp-fehlungen zur Wiederherstellung der Haus-haltsdisziplin.
 
 So wird in § 51a HGrG die gemeinsame Verant-wortung von Bund und Ländern für die Einhaltung der Haushaltsdisziplin im Rahmen der europäischen Wirtschafts- und Währungsunion betont und für Bund und Länder das Ziel der Rück-führung der Nettoneuverschuldung zur Errei-chung ohne Nettokreditaufnahme ausgegliche-ner Haushalte gesetzlich festgelegt.
 
 Wie bereits dargelegt, spielt der Finanzpla-nungsrat eine zentrale Rolle in dem Verfahren zur Einhaltung der Haushaltsdisziplin. Er gibt nach dem gesetzlichen Auftrag Empfehlungen zur Haushaltsdisziplin, insbesondere zu einer gemeinsamen Ausgabenlinie. Der Rat erörtert die Vereinbarkeit der Haushaltsentwicklung, mit den Bestimmungen in Artikel 104 EG-Ver-trag und des europäischen Stabilitäts- und Wachstumspaktes. Der Finanzplanungsrat gibt bei Bedarf Empfehlungen zur Wiederherstel-lung der Haushaltsdisziplin. Diese Empfehlun-gen des Rates bilden dann die Grundlage für die Haushalts- und Finanzplanungen der Gebiets-körperschaften.
 
 Mit dieser deutlichen Stärkung des Finanzpla-nungsrates wird in der bewährten Tradition des kooperativen Föderalismus ein größeres Gewicht auf die bindende Wirkung der Beschlüsse gleich-berechtigter Partner, die im Rahmen von Koope-rationsverfahren zustande kommen, gelegt (peer pressure). Mit der Einfügung des § 51a Abs. 2 HGrG werden die Beschlüsse des Finanzplanungs-rates zu einer gemeinsam anerkannten Ausgaben-linie als Orientierungsmaßstab für die Haushalte von Bund und Ländern (einschließlich Gemein-den) festgeschrieben. Die in Absatz 3 vorgesehene Möglichkeit für den Finanzplanungsrat, gegebe-nenfalls Empfehlungen zur Wiederherstellung der Haushaltsdisziplin auszusprechen, überträgt das im europäischen Stabilitäts- und Wachstums-pakt vereinbarte Verfahren im Falle eines Auftre-tens übermäßiger Defizite, nämlich zunächst Empfehlungen zur Wiederherstellung der Haus-haltsdisziplin auszusprechen, auf den innerstaat-lichen Kontext.
 
 Auf der Sondersitzung des Finanzplanungs-rates am 21. März 2002 haben Bund und Länder auch Beschlüsse zur inhaltlichen Umsetzung der Regelungen des § 51a HGrG gefasst. Der Finanz-planungsrat hat in dieser Sitzung insbesondere beschlossen, dass die Ausgaben des Bundes für die Jahre 2003 und 2004 um durchschnittlich 1/2 % pro Jahr verringert werden sollen. Länder und Ge-meinden werden bei der Gestaltung künftiger Haushalte ihr jährliches Ausgabenwachstum in den beiden Jahren auf jeweils 1 % im Jahresdurch-schnitt begrenzen. Dem liegt eine Aufteilung des 2004 zulässigen Defizits von 45 zu 55 zwischen Bund und Sozialversicherungen auf der einen und der Gesamtheit der Länder und Gemeinden auf der anderen Seite zugrunde. Diese Aufteilung soll auch für die Jahre 2005 und 2006 gelten, wobei der Bund für sich an dem Ziel festhält, im Jahr 2006 einen ausgeglichenen Haushalt zu erreichen.
 
 In der Herbstsitzung des Finanzplanungsrates am 27. November 2002 wurden die Beschlüsse zum Nationalen Stabilitätspakt fortentwickelt und an die zwischenzeitlich geänderten finanz-wirtschaftlichen Rahmenbedingungen ange-passt.
 
 In dem einvernehmlichen Beschluss haben Bund, Länder und Gemeinden angesichts der kon-junkturbedingten Überschreitung der 3%-Defizit-grenze im Jahr 2002 deutlich gemacht, dass sie in dem gemeinsamen Ziel übereinstimmen, in ei-nem ersten Schritt im Jahr 2003 das gesamtstaat-liche Defizit wieder unter 3 % des Bruttoinlands-produkts zu senken und bis zum Jahr 2006 einen ausgeglichenen Staatshaushalt vorzulegen. Vonsei-ten des Bundes warde dabei deutlich gemacht, dass es hierzu über eine Politik der Ausgabenbegren-zung hinaus notwendig ist, durch eine konsequente Wachstumspolitik und den Abbau steuerlicher Aus-nahmeregelungen auch die Einnahmenseite zu stabilisieren und zu stärken.
 
 Zudem wurde verabredet, dass jede einzelne öffentliche Körperschaft in den kommenden Jah-ren ihren Beitrag zur Erreichung dieses gemeinsa-men Ziels leisten wird. In der nächsten Sitzung des Finanzplanungsrates wird der Bund einen Finanzplan vorlegen, der im Jahr 2006 eine Netto-kreditaufnahme von null aufweist und die Länder werden ihre Beiträge zur Erreichung des Zieles eines ausgeglichenen Staatshaushalts 2006 und ihre Strategien zur Erreichung ausgeglichener Landeshaushalte darlegen.
 
 
 Der Finanzplanungsrat hat sich auch zu dem bestehenden gravierenden Haushaltsungleich-gewicht in Berlin geäußert, das erhebliche zu-sätzliche Konsolidierungsanstrengungen erfor-dert, die weit über die für die übrigen Länder geltende Ausgabenbegrenzung hinausgehen. Berlin ist gegenüber der bundesstaatlichen Gemeinschaft verpflichtet, die Ausdaben des Landes auf ein finanzierbares Niveau zurückzu-führen.
 
 Grundlage für die Koordinierung der Haus-halte von Bund, Ländern und Gemeinden im Finanzplanungsrat ist die Erarbeitung einheit-licher gesamt- und finanzwirtschaftlicher Annah-men für die Haushalts- und Finanzpläne der Ge-bietskörperschaften. Dies wird im Rahmen des sachlich und im zeitlichen Ablauf dargestellten Verfahrens praktiziert. Die verfassungsrechtliche Selbstständigkeit und Unabhängigkeit von Bund und Ländern in ihrer Haushaltswirtschaft setzt voraus, dass die Beratungen im Finanzplanungs-rat auf der Grundlage weitgehend überein-stimmender Vorstellungen seiner Mitglieder über die anzustrebende gesamtwirtschaftlithe Ent-wicklung sowie über die finanzwirtschaftliche Entwicklung bei den Gebietskörperschaften er-folgen.
 
 Die Ergänzung des Haushaltsgrundsätzegeset-zes sowie die aktuellen Beschlüsse des Finanzpla-nungsrates vom März und November 2002 stellen einen wichtigen Beitrag zur innerstaatlichen Umsetzung der EU-rechtlichen Anforderungen an die nationale Finanzpolitik dar. Mit der gesetzli-chen Verankerung der Konsolidierungspolitik von Bund und Ländern hin zu ausgeglichenen Haus-halten wird die Haushaltsdisziplin im Sinne des Vertrages von Maastricht auch im föderativen Sys-tem der Bundesrepublik Deutschland dauerhaft gesichert werden.
 
 Mit ihrer Zustimmung zur Reform des Haus-haltsgrundsätzegesetzes und den daraut aufbauen-den Beschlüssen des Finanzplanungsrates haben die Länder ihre Mitverantwortung zur Einhaltung der europäischen Vorgaben zur Haushaltsdiszi-plin bekräftigt und unterstützen so die Umset-zung und Fortentwicklung des innerstaatlichen Stabilitätspaktes.
 
 Die Vorgaben des Finanzplanungsrates - insbesondere zu den speziellen Ausgabenlinien und zu einer Rückführung der Defizite bzw. der Neuver-schuldung - stellen an Bund und Länder strenge Konsolidierungsanforderungen, die sie bei der Haushaltsaufstellung berücksichtigen. Die Über-schreitung der Defizitgrenze im Jahr 2002 hat die Notwendigkeit einer gesamtstaatlich abgestimm-ten Konsolidierungspolitik noch unterstrichen. Die schlechten konjunkturellen Rahmenbedin-gungen haben sich in Deutschland zu einem Zeit-punkt ausgewirkt, als es erst auf halbem Weg zum Haushaltsausgleich war. Somit konnten die kon-junkturbedingten Belastungen der öffentlichen Haushalte nicht innerhalb des zulässigen Defizit-spielraums abgefedert werden, sondern haben zur Überschreitung der Defizitgrenze geführt. Um dies künftig zu vermeiden, wird für das Jahr 2006 ein ausgeglichener Staatshaushalt angestrebt. Der Weg zu diesem Ziel wird im Finanzplanungsrat zwischen Bund, Ländern und Gemeinden abge-stimmt werden. Die konkreten Verfahren und Maßnahmen hierzu wird der Finanzplanungsrat in den kommenden Jahren fortentwickeln und so den Prozess der Einhaltung der Haushaltsdisziplin im gesamtstaatlichen Kontext ausgestalten.
 
Zeitlithe Abstimmung von Vorausschätzungen und Planung öffentlichr Haushalte
Monat Gesamtwirts-
chaftliche
Prognosen
Steuerprognosen Koordinierung der Haushalte Haushalts-
und Finanz-planung
des Bundes
nachrichtlich: Termine auf
EU-Ebene
Januar Jahreswirts-
chaftsbericht der Bundesregierung
    Erarbeitung der Voran-schläge der Ressorts zum Haushalt des Folgejahres Diskussion der nationalen Stabilitäts und Konvergenz-programme
Februar          
März Gemeins-
chaftsdiagnose Institute
      Meldetermin für die Referenzwerte im Rahmen des Stabilitäts- und Wachstumspaktes
April Gesamtwirts-
chaftliche Vorausschätzung (mittelfristig)
      Frühjahrsprognose der EU-Kommission
Mai   Mittelfristige Steuerschätzung      
Juni     Finanzplanungsrat kabinettbeschluss Haushaltsentwurf und Finanzplan Veröffentlichung der "Wirtschaftspolitischen Grundzüge"
Juli/August          
September       1.Lesung Bundestag Meidetermin für die Referenzwerte im Rahmen des Stabilitäts- und Wachstumspaktes
Oktober Gemeins-
chaftsdiagnose Institute Gesamtwirt schaftliche Voraus-schätzung (kurzfristig)
    1. Durchgang Bundesrat  
November Sachverständigenrat Kurzfristige Steuerschätzung Finanzplanungsrat 2.+ 3. Lesung Bundestag Herbstprognose der EU-Kommission
Dezember       2. Durchgang Bundesrat  







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